Diagnose Gicht

Bei Gicht handelt es sich um eine Stoffwechselerkrankung, die zu starken Entzündungen und Schmerzen in verschiedenen Gelenken führen kann. Neusten Studien zufolge erkranken in den westlichen Ländern ca. 1 bis 2 Prozent der Bevölkerung an Gicht. Es handelt sich um die häufigste Gelenkerkrankung der westlichen Welt. Männer sind in etwa fünfmal häufiger und in der Regel auch einige Jahre früher betroffen als Frauen.

Eine möglichst frühzeitig einsetzende Therapie kann das Voranschreiten der Gicht verlangsamen oder sogar ganz aufhalten. Zur Behandlung gehören die gezielte Umstellung der Ernährung, gegebenenfalls die Normalisierung des Körpergewichts, medikamentöse Behandlung und Physiotherapie.


Was ist Gicht?

Gicht ist eine Stoffwechselerkrankung, bei der sich die Harnsäurekonzentration im Blut erhöht. Dies führt zur Bildung von sogenannten Harnsäurekristallen, welche sich in Gelenken, Schleimbeuteln, Sehnen und in der Haut ablagern können. Als Folge dessen entstehen Gelenkentzündungen und Gelenkschäden. Die Harnsäurekristalle können sich auch in den Nieren absetzen. Bleibt dies unbehandelt, kann es zu Schädigungen der Nieren kommen.

Typischerweise verursacht Gicht Schmerzen und Schwellungen in einem oder mehreren Gelenken. In vielen Fällen ist der große Zeh als erstes betroffen. Aber auch andere Gelenke wie Knie, Knöchel, Fuß, Hand, Handgelenk und Ellenbogen können erkranken. Eine Gichterkrankung verläuft in Schüben: Auf eine beschwerdefreie Phase folgen akute Schmerzanfälle. Diese Anfälle werden häufig durch eine ungesunde Mahlzeit oder übermäßigen Alkoholkonsum ausgelöst.


Wie entsteht Gicht?

Bei Gicht handelt es sich in den meisten Fällen um eine angeborene Stoffwechselstörung. Bei Betroffenen liegt eine Veranlagung für zu hohe Harnsäurekonzentrationen im Blut vor, auch Hyperurikämie genannt. Jeder menschliche Körper bildet Harnsäure beim Abbau von Chemikalien, die als Purine bezeichnet werden und in bestimmten Nahrungsmitteln und Getränken enthalten sind. Dieses normale Nebenprodukt wird durch die Nieren ausgeschieden und verlässt den Körper mit dem Urin.

Wenn der Körper zu viel Harnsäure produziert oder die Nieren nicht in der Lage sind, diese zu verarbeiten, kommt es zu einem erhöhten Harnsäurespiegel. Überschüssige Harnsäure gerinnt zu Kristallen, welche sich in der Haut, in Sehnen, Schleimbeuteln, aber vor allem in den Gelenken ablagert. Diese scharfkantigen Kristalle verursachen die starken Schmerzen bei Gicht. Betroffene Gelenke schwellen an, sind gerötet und schmerzen ‒ sie zeigen also typische Entzündungssymptome. Wird die Gicht nicht behandelt, verlieren die chronisch entzündeten Gelenke mit der Zeit ihre Beweglichkeit und können sich verformen.

Manche Menschen mit einem hohen Harnsäurespiegel erkranken nie an Gicht. Beim Entstehen der Krankheit spielen noch weitere Faktoren wie die Ernährung oder Begleiterkrankungen eine Rolle.


Was für Symptome gehen mit Gicht einher?

Ein akuter Krankheitsschub wird als Gichtanfall bezeichnet. Diese Anfälle sind sehr schmerzhaft und können ganz plötzlich auftreten, in vielen Fällen entstehen sie über Nacht. Während eines Gichtanfalls können folgende Symptome in den betroffenen Gelenken auftreten:

Typische Symptome eines Gichtanfalls sind:


    • Starke bis sehr starke Schmerzen
    • Rötung
    • Steifheit
    • Schwellungen
    • Empfindlichkeit, auch bei leichter Berührung (wie beispielsweise durch ein Bettlaken)
    • Wärme oder das Gefühl, als würde das Gelenk „brennen”

Ein Gichtanfall kann von wenigen Tagen bis zu 2 Wochen dauern. Zwischen den Gichtanfällen haben Betroffene möglicherweise keinerlei Symptome oder Beschwerden.


Was ist der Unterschied zwischen Gicht und Rheumatoider Arthritis?

Gicht und Rheumatoide Arthritis (kurz: Rheuma) ähneln sich in ihrem Beschwerdebild stark. Sie entstehen jedoch aus völlig unterschiedlichen Ursachen: So ist Rheuma ist eine Erkrankung des Immunsystems, bei dem die körpereigenen Abwehrzellen Gelenke und Organe angreifen und schädigen. Bei Rheuma handelt es sich also um eine Autoimmunerkrankung.

Gicht hingegen ist eine Erkrankung des Stoffwechsels. Bei dieser ist die Harnsäurekonzentration im Blut zu hoch, sodass sich Harnsäurekristalle an verschiedenen Stellen des Körpers ablagern, vor allem in Gelenknähe. Daraus entwickeln sich Entzündungsherde. Die daraus folgenden Entzündungen führen zu Schmerzen, die den Schmerzen bei Rheuma sehr ähnlich sind.


Stadien der Gichterkrankung

Es gibt verschiedene Stadien, in denen die Erkrankung voranschreitet. Diese sollen im Folgenden kurz dargestellt werden:


    • Asymptomatische Hyperurikämie
      Eine Person kann einen erhöhten Harnsäurespiegel haben, ohne dass sie irgendwelche äußeren Symptome zeigt. Auch wenn in diesem Stadium keine Behandlung erforderlich ist, können hohe Harnsäurewerte im Blut stille Gewebeschäden verursachen. Daher kann ein Arzt einer Person mit hohen Harnsäurespiegel raten, die Faktoren zu beseitigen, die möglicherweise zu dieser Anhäufung geführt haben (siehe unten).


    • Akute Gicht
      Dieses Stadium tritt auf, wenn Harnsäurekristalle in einem Gelenk plötzlich eine akute Entzündung und starke Schmerzen verursachen. Diese Anfälle werden als „Schübe” bezeichnet und können zwischen 3 Tagen und 2 Wochen dauern. Stressige Lebensereignisse, ungesunde Ernährung oder übermäßiger Alkoholgenuss können zum Entstehen eines Anfalls beitragen.


    • Intervallgicht oder interkritische Gicht
      So wird der Zeitraum zwischen den akuten Gichtanfällen bezeichnet. Je weiter die Gicht fortschreitet, desto kürzer werden diese Intervalle. Zwischen diesen Perioden können sich weiterhin Harnsäurekristalle im Gewebe ablagern.


    • Chronische oberflächliche Gicht
      Die chronische Gicht ist die schwerste Form der Gicht und kann zu dauerhaften Schäden an Gelenken und Nieren führen. In diesem Stadium kann es zur Bildung von Tophi in kühleren Körperregionen wie den Fingergelenken kommen. Chronische Gicht tritt typischerweise nach vielen Jahren akuter Gichtanfälle auf. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass Personen, die eine angemessene Behandlung erhalten, dieses Stadium erreichen.


    • Pseudogicht
      Eine Erkrankung, die auch für Experten leicht mit Gicht zu verwechseln ist, ist die Ablagerung von Kalziumpyrophosphat in den Gelenken. Dies wird als Pseudogicht bezeichnet. Die Symptome der Pseudogicht sind denen der Gicht sehr ähnlich, auch wenn die Schübe in der Regel weniger stark sind. Der Hauptunterschied zwischen Gicht und Pseudogicht besteht darin, dass die Gelenke durch Kalziumpyrophosphatkristalle und nicht durch Harnsäurekristalle gereizt werden. Pseudogicht erfordert dementsprechend eine andere Behandlung als Gicht.


Diagnosestellung

Wenn Du an plötzlich auftretenden, starken Schmerzen in einem Gelenk leidest, solltest Du unbedingt Deinen Hausarzt aufsuchen. Bei dem Verdacht auf Gicht kann Dich dieser zu einem Rheumatologen überweisen. Also einem Arzt, der auf Gicht und andere Arten von Arthritis spezialisiert ist.

Bei der Diagnose von Gicht sind mehrere Faktoren zu berücksichtigen:


    • Symptome: Der Arzt wird Dich bitten, Deine Symptome zu beschreiben: Wie oft sie auftreten und wie lange sie andauern.
    • Körperliche Untersuchung: Der Arzt wird das betroffene Gelenk beziehungsweise die betroffenen Gelenke untersuchen und auf Schwellungen, Rötungen und Wärme achten.
    • Blutuntersuchung: Mit einem Test kann die Konzentration von Harnsäure in Deinem Blut genau bestimmt werden.
    • Bildgebende Untersuchungen: Möglicherweise werden Bilder der betroffenen Gelenke mit Röntgenstrahlen, Ultraschall oder MRT gemacht.
    • Aspiration: Dein Arzt kann mit einer Nadel Flüssigkeit aus dem betroffenen Gelenk absaugen. Mithilfe eines Mikroskops wird diese nach Harnsäurekristallen (die Gicht bestätigen) oder einem anderen Problem (zum Beispiel Bakterien oder einer anderen Art von Kristallen) untersucht.


Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?

Bei der Behandlung von Gicht geht es im Wesentlichen um 2 Ziele:


    1. Die Beschwerden eines akuten Gichtanfalls sollen möglichst schnell gelindert werden.
    2. Der Harnsäurespiegel im Blut soll langfristig gesenkt werden, um Spätschäden und erneute Anfälle zu vermeiden.

Um die Schmerzen während eines akuten Schubes zu lindern, wird der Arzt Medikamente der Gruppe NSAR (nicht-steroidale Antirheumatika) verschreiben. Diese lindern Entzündungen und Schmerzen. Manche Menschen mit Nierenerkrankungen, Magengeschwüren oder anderen gesundheitlichen Problemen können jedoch keine NSARs einnehmen. In diesen Fällen kann Cortison helfen, welches ebenfalls entzündungshemmend wirkt. Dies kann entweder in Tablettenform oder als Injektion direkt in das betroffene Gelenk verabreicht werden.

Bei der langfristigen Therapie einer Gichterkrankung geht es darum, den Harnsäurespiegel im Blut zu senken. Dies sollte jedoch nur schrittweise durch Dosiserhöhung erfolgen, da starke Schwankungen im Harnsäurespiegel wiederum Gichtschübe auslösen können.

Es gibt zwei Wirkprinzipien, die den Harnsäurespiegel im Körper senken, um künftige Gichtanfälle zu verhindern oder zu verringern: Urikostatika hemmen den Abbau von Purin zu Harnsäure. Diese Medikamente sind im Falle von Gichterkrankungen zumeist die erste Wahl. Urikosurika hingegen führen dazu, dass die Niere mehr Harnsäure in den Urin abgibt. Diese Medikamente werden in Ausnahmefällen zur Behandlung von Gicht eingesetzt.

Betroffene sollten in jedem Fall zusätzlich zur medikamentösen Behandlung ihre Ernährung umstellen. Es gilt auf purinreiche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch oder Meeresfrüchte zu verzichten. Außerdem sollten übermäßiger Alkoholkonsum und fruktosehaltige Getränke wie Limonade vermieden werden.


Wie kann die Physiotherapie bei Gicht helfen?

Regelmäßige Physiotherapie kann ein wichtiger Baustein in der Behandlung von Gicht sein. Zunächst wird Dein behandelnder Therapeut ein ausführliches Anamnesegespräch mit Dir führen, um sich über den aktuellen Krankheitsstand zu erkundigen. Er wird herauszufinden, an welchen Stellen aktuell besonders große Schwierigkeiten bestehen, welche Aktivitäten am meisten schmerzen und welche Ziele es als Nächstes zu erreichen gilt.

Sodann stehen ihm verschiedene Behandlungstechniken zur Verfügung, die sich nach Deinen individuellen Bedürfnissen richten. So können die Gelenke beispielsweise während eines akuten Schubes passiv bewegt werden. Oder Dein Therapeut kann schmerzlindernde Verfahren wie die Kältetherapie anwenden. Während einer Phase mit niedriger Krankheitsaktivität werden die Muskeln mithilfe von manueller Therapie gelockert. Außerdem kann Dein Therapeut Dir Übungen zum Muskelaufbau und zur Stabilisation zeigen, die Du mit ihm oder selbstständig zu Hause durchführen kannst.

Mögliche Elemente der Physiotherapie bei Gicht sind: